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Spezialfonds dürfen bis zu 20 % in Kryptowährungen investieren

Deutschland ist weiterhin auf dem Vormarsch Kryptowährungen zu etablieren. Mit der Verabschiedung und Einführung des Fondsstandortgesetzes wurde nun vor wenigen Monaten der nächste Meilenstein erreicht. Das neue Fondsstandortgesetz erlaubt es Spezialfonds (offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen) bis zu 20 % ihrer verwalteten Vermögen in Kryptowährungen zu investieren.

Autoren: Philipp Sandner, Robert Richter, Frank Wagner, Cedric Heidt, Benjamin Schaub

Einleitung

Während international derzeit der Fokus der Diskussionen um Kryptomärkte noch auf Verboten liegt, steht Deutschland dieser Innovation langsam offener entgegen. Zwar steht die Finanzindustrie noch am Anfang der Adaption bezüglich Investitionen im Bereich Krypto, denn ein Großteil der aktuellen Themen dreht sich nach wie vor um die Infrastruktur und damit verbundene Regulatorik, die Erfahrung und das Vertrauen in die neue Anlageklasse. Auf Betreiben des Deutschen Fondsverbands hat der Gesetzgeber ein Tor geöffnet und nun haben auch traditionelle Institutionen eine Möglichkeit die Welt dahinter zu erkunden. Dieses neue Gesetz wird künftig erhebliche Änderung mit sich bringen, da Spezialfondsmanager nun einen rechtlichen Rahmen haben Kryptowährungen in ihre Fonds aufzunehmen. Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick über die derzeitige Stellung von Spezialfonds zu Kryptoinvestments, identifiziert Lücken, die es zu schließen gibt und zeigt auf, mit welchen Kryptoinvestments kurz- und mittelfristig zu rechnen ist.

Strukturen von Spezialfonds

In Deutschland existiert seit 1969 der Spezialfonds als Investmentvehikel. Die Spezialfonds zählen zu dem institutionellen Geschäft, bei welchem der Gesetzgeber sich weniger risikoavers als bei Publikumsfonds stellt. Daher lag die Wahl zuerst Spezialfonds in Kryptoassets investieren zu lassen nahe. Zu den wesentlichen Anlegergruppen zählen Pensionskassen und Versicherungen, aber auch Family-Offices und Corporates. Spezialfonds sind eine Art von Investmentfonds für professionelle Investoren, die für bestimmte Anlagezwecke aufgelegt, von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) gemanagt und nicht an öffentlichen Märkten gehandelt werden. Der deutsche Spezialfondsmarkt ist seit 2011 um mehr als 100% gewachsen und umfasst nun (Sept. 2021) mehr als 2.1 Billionen Euro insgesamt (Abbildung 1), davon mehr als 1.9 Billionen Euro in Wertpapier-Spezialfonds.

Abbildung 1: Entwicklung des deutschen Spezialfondsmarkt (Quelle: BVI, 2020)

Mit der 20 % Quote für Kryptowährungen hat sich der Gesetzgeber an bestehenden Grenzen im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) orientiert die dazu dienen, zu vermeiden, dass ein Fonds übermäßig in bestimmte Assets investiert. Im KAGB gibt es bereits eine Grenze von 20 % für nicht-börsengelistete Unternehmensbeteiligungen, welche nun auch für Kryptowährungen im Fondsstandortgesetz übernommen wurde. In den ersten beiden Monaten seit Inkrafttreten der Gesetzesänderung sind die Investments von Spezialfonds in Kryptowährungen noch sehr gering. Dies liegt zum einen an der kurzen Vorbereitungszeit, die die KVGs hatten und zum anderen an den Risikoprofilen sowie Anlagerestriktionen der Investoren. Beispielsweise haben Versicherungen historisch sehr strikte Investmentpolicen. Daher müssen sie erst ihr internes Anlagencontrolling adjustieren und bestimmen wie viel Risikokapazität sie für Kryptoassets haben. Die Pensionskassen sind in der Theorie etwas freier, lehnen sich tendenziell allerdings an die versicherungsrechtlichen Vorgaben an. Somit werden schätzungsweise die Hälfte aller Spezialfondsteilnehmer konservativ zurückhaltend bleiben oder bleiben müssen.

Demgegenüber sind es die Family-Offices und Unternehmen, die nicht an die Anlagegrenzen der Versicherer gebunden sind. Allerdings werden auch in deren Anlagemodellen die Assets in Spezialfonds zur Deckung von Altersvorsorgeverpflichtungen verwendet, und müssen daher sicher bleiben, sodass größere Investments in Kryptowährungen noch nicht in Frage kamen. Auch wenn Unternehmen und Family-Offices in der Theorie im Rahmen ihrer Anlagepolitik zur Deckung der Altersvorsorge Bitcoin und Co. verwenden können, werden sie erstmal zurückhaltend sein. Ein großer Block von 200 oder 300 Mrd. bleibt von den Banken selbst, die ihr Eigenkapital über Depot A Spezialfonds anlegen (Abbildung 2). In diesem Fall muss eine restriktivere Anlagepolitik gewählt werden, weil nach CRR (Capital Requirements Regulations) solche Anlagen mit einem Risikozuschlag für volatile Anlagen zu versehen sind, ähnlich wie bei Aktien.

Abbildung 2: Anlegerstruktur von offenen und geschlossenen Spezialfonds (Quelle: BVI, 2021)

Was ist seit August 2021 wirklich passiert?

Aufgrund der Risikoprofile der Anleger und der Neuheit des Gesetzes ist bisher verhältnismäßig wenig Kapital in Kryptowährungen geflossen. Die Frage stellt sich mit welchen Investitionsströmen zu rechnen ist. Nach Einschätzung der Experten des BVI ist kurz- bis mittelfristig (in den nächsten 5 Jahren) eher mit einstelligen Prozentwerten von Kryptowährungen in den Anlageportfolien von Spezialfonds zu rechnen. Selbst wenn das KAGB nun 20 % Investments in Kryptowerte zulässt, werden für regulierte Anleger z.B. unter Solvency II, einschränkende bis prohibitive Kapitalanforderungen gestellt werden, und somit wird diese regulatorische Änderung vorerst keine großartigen Auswirkungen auf deren Vermögensanlagen haben. Hier hat die Regulatorik noch Nachholbedarf.

Wie werden Investmentstrategien der Spezialfonds aussehen?

Spätestens wenn die aufsichtsrechtlichen Detailfragen mit der Finanzaufsicht (BaFin) geklärt und die KVGs die operativen Voraussetzungen für Kryptoinvestments geschaffen haben, stellt sich für die Portfoliomanager die Frage in welche Coins investiert werden soll. Natürlich werden sich die Manager im Rahmen der Ergänzung der Anlagebedingungen des Spezialfonds mit den Anlegern abstimmen müssen, zu erwarten ist allerdings, dass anfangs in die Top 3 — Top 10 Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung investiert wird. Zu den Vorreitern werden insofern höchstwahrscheinlich Bitcoin und Ethereum zählen, allein aufgrund ihrer Popularität. Es ist außerdem zu erwarten, dass spezialisierte Fonds aktive Strategien entwickeln werden, um Werte aus den Top 2000 auszuwählen, mit dem Ziel eine höhere Rendite zu erzielen. Dies zieht allerdings ein anderes Risikoprofil mit sich und ist erstmals nur beschränkt im Bereich der Family-Offices zu erwarten. Andererseits sind auch aktiv gemanagte Produkte deren primäre Absicht nicht höhere Rendite als Marktdurchschnitt zu erzielen ist, sondern Volatilität zu minimieren. Grundsätzlich sind Investitionen in Kryptowährungen durch potentiell hohe Rendite ein attraktiver Bestandteil eines Portfolios, doch auch mit erhöhter Volatilität verbunden (Abbildung 3). Dieses Risiko könnte wie auch in traditionelle Finanzmärkten beispielsweise durch indexfonds minimiert werden.

Abbildung 3: Volatilität und Rendite (Quelle: Bloomberg, Coingecko — Stand 02.11.2021)

Kryptowährungen erlauben den Anlegern auch zusätzliche Erträge zu verdienen in dem sie aktiv in den Protokollen mitwirken. Zum Beispiel über das sogenannte Staking, die Bereitstellung von Liquidität, oder die Teilnahme an Governance Funktionen lässt sich zusätzlich zu den Preissteigerungen Rendite erzielen. Anfangs ist nicht zu erwarten, dass Spezialfonds sofort aktiv in den Protokollen mitwirken. Zum Beispiel im Bereich des Stakings gibt es für institutionelle Investoren steuerliche Aspekte zu klären. Außerdem ist immer wieder die Police zu beachten, um Unvereinbarkeiten zu vermeiden. Daher liegt es an den Anlegern zu klären, ob sie die großen Potenziale von Kryptowährungen nutzen möchten oder nur minimal Exposure zu Bitcoin & Co. haben wollen. Sicher ist, dass sich mögliche Anlagemodelle mit der Zeit weiterentwickeln werden. Beispielsweise mit Spezialfonds in DeFi, Industrieanwendungen und Krypto-Infrastruktur.

Der Blick in die Zukunft

Bisher konnten Spezialfondsmanager das Thema der Investments in Kryptoassets einfach ausblenden. Man hörte immer wieder Aussagen wie “Es interessiert uns, aber wir dürfen nicht oder Spezialfonds können nicht.” Jetzt wurde diese Hürde gesenkt und die Widerstände reduzieren sich wegen den bestehenden Anlegerrestriktionen auf Argumente wie “es ist zu teuer wegen der Eigenkapitalanforderungen”.

Das deutlich bedeutendere Thema ist der Kompetenz- und Ressourcenmangel von Pensionskassen und Versorgungswerken, wenn es um die neue Anlagekategorie Kryptowerte geht. Viele dieser Versorgungswerke unterstützen eine bestimmte Klientel und haben nicht die Kapazitäten eine(n) Mitarbeiter:in Vollzeit im Rahmen einer Compliance und einer ordnungsgemäßen Befassung damit zu beschäftigen. Wenn in nicht bloß vernachlässigbarem Maße in solch eine alternative Assetklasse angelegt werden sollte, müssen erhebliche Vorarbeiten geleistet werden. Solange allerdings das Personal und die Kompetenz fehlt, ist nicht zu erwarten, dass diese Einrichtungen kurzfristig in Kryptowährungen investieren werden. Daher gilt es in den nächsten Monaten aktiv die Weiterbildung der Kapitalanlageverantwortlichen zu fördern, um von den Renditen der Kryptowährungen zu profitieren und weiterhin ein attraktiver Assetmanager zu bleiben.

Viele institutionelle Investoren und traditionelle Finanzdienstleister versuchen daher externe Hilfe zu erhalten, allerdings herrscht in diesem Bereich noch starker Kompetenzmangel, da wenige Berater sich im Detail mit Kryptowährungen befasst haben. Auch hier besteht derzeit noch eine Marktlücke für Unternehmensberatungen, die es zu schließen gilt. Aber es gibt auch positive Signale für die Kryptomärkte. Ein deutscher Asset Manager kündigte beispielsweise kürzlich an, Mittel in Kryptowerte investieren zu werden. Dies zeigt, dass auch große Namen in der Branche sich mit dem Thema Bitcoin & Co. befassen und davon profitieren möchten. In Zukunft können wir davon ausgehen, dass immer mehr Großanleger das Thema Kryptowährungen nicht mehr umgehen werden, was in den nächsten Jahren zu erheblichen Finanzflüssen in dieses Segment führen wird. Um nicht den Anschluss zu verpassen ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Spezialfondsmanager und Anleger Kryptos genauer unter die Lupe zu nehmen

Wie schon in den ersten beiden Digitalisierungswellen, PC & Internet, laufen wir Gefahr den Anschluss zu verlieren und das Feld unseren globalen Mitbewerbern Speziell in den USA und China zu überlassen. Insofern ist es besonders wichtig sich jetzt intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Chancen und Risiken sollten dabei ehrlich abgewogen werden, statt die vorhandenen Risiken lediglich als Abwehr zu instrumentalisieren und das Thema auf morgen zu verschieben.

Update

Eine frühere Version des Artikels enthielt die Aussage, dass einer der großen deutschen Asset Manager offenbar angekündigt hat, mehr als eine Milliarde Euro in sein Geschäft mit Digital Assets zu investieren. Dieser Satz wurde auf der Grundlage unserer Experteninterviews in das Manuskript aufgenommen. Am 1. Dezember 2021 wurde dieser Satz nun aus dem vorliegenden Artikel entfernt, da wir von besagtem Asset Manager kontaktiert wurden und diese Aussage nicht verifiziert werden konnte.

Anmerkungen

Wir danken dem deutschen Fondsverband BVI (Rudolf Siebel, Time Kreutzmann, Michael Pirl) für die fachliche Unterstützun

Über das Frankfurt School Blockchain Center

Das Frankfurt School Blockchain Center  ist als Think Tank und Forschungszentrum konzipiert und beschäftigt sich mit den Implikationen der Blockchain-Technologie für Unternehmen und Wirtschaft. Zudem bietet das Center eine Plattform zum Wissensaustausch für Entscheidungsträger, Start-ups, Technologie- und Industrieexperten. Es wird sowohl neue Forschungsimpulse setzen als auch Lehrangebote für Studierende und Executives entwickeln. Dabei konzentriert sich das Center vor allem auf die Bereiche Banken, Energie, Industrie 4.0 und Mobilität.

INTAS.tech ist ein Blockchain-Beratungsunternehmen, dass von der Frankfurt School und Plutoneo gegründet wurde und speziell auf die Bedürfnisse von Finanzorganisationen zugeschnitten ist. INTAS.tech fokussiert sich auf die Integration und den Umgang mit Digital Assets sowie der strategischen Bewertung von Blockchain-Einsatzmöglichkeiten und deren Implementierung.

INVAO Group ist ein auf aktive und risiko-kontrollierte Investments spezialisierter Assetmanager für digitale Assets. Zu den Kunden zählen vorrangig professionelle Anleger aus Deutschland, Europa und darüber hinaus. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Liechtenstein und unterhält Büros in Berlin, Dubai sowie der Schweiz.

Über die Autoren

Prof. Dr. Philipp Sandner hat das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) gegründet. In den Jahren 2018 bis 2020 wurde er von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), einer der größten Zeitungen in Deutschland, als einer der „Top 30”-Ökonomen ausgezeichnet. Darüber hinaus gehörte er zu den „Top 40 unter 40” — einem Ranking des Wirtschaftsmagazins Capital. Seit 2017 ist er Mitglied des FinTechRats des Bundesministeriums der Finanzen. Die Expertise von Prof. Sandner umfasst die Blockchain-Technologie, Kryptowerte wie Bitcoin und Ethereum, den digitalen programmierbaren Euro, Tokenisierung von Assets und Rechten und letztlich digitale Identität. Erreichbar ist er per LinkedIn  oder auf Twitter (@philippsandner).

Robert Richter, CFA ist Dozent an der Frankfurt School of Finance & Management und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Seine Interessengebiete sind Anwendungen der Blockchain-Technologie im Finanzwesen und Portfoliomanagement mit Kryptowährungen. Sie können ihn via Mail oder LinkedIn kontaktieren.

Frank Wagner ist Gründer und CEO der INVAO Gruppe, einem auf aktive und risiko-kontrollierte Investments spezialisierten Assetmanager für digitale Assets. Zu den Kunden zählen vorrangig professionelle Anleger aus Deutschland, Europa und darüber hinaus. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Liechtenstein und unterhält Büros in Berlin, Dubai sowie der Schweiz. www.invao.org

Cedric Heidt wissenschaftlicher Mitarbeiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) mit Fokus auf Kryptowährungen, Portfolio Management und Decentralized Finance. Erreichbar ist er per LinkedIn oder per Mail.

Benjamin Schaub ist Senior Consultant bei INTAS.tech. Seine Interessen umfassen die Entwicklung und Integration von Blockchain-Anwendungsfällen in der Finanzindustrie sowie die Kryptoverwahrung. Sie können ihn via Mail oder LinkedIn kontaktieren.

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